«Lassen Sie sich testen»: Der Bund übernimmt ab sofort die Kosten für Corona-Tests Die Eindämmung des Coronavirus soll nicht daran scheitern, dass sich Leute aus finanziellen Gründen nicht testen lassen. Neu übernimmt der Bund alle Kosten. Die Spitäler hingegen erhalten von ihm kein Geld – mit einer brisanten Begründung. Christof Forster, Fabian Schäfer, Bern 24.06.2020, 19.52 Uhr Drucken Teilen Derzeit können in der Schweiz pro Tag 15 000 Corona-Tests gemacht werden. Derzeit können in der Schweiz pro Tag 15 000 Corona-Tests gemacht werden. Peter Klaunzer / Keystone Trotz mehreren Lockerungsschritten liegen die täglichen Neuansteckungen seit Anfang Mai unter 100. Am Mittwoch meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 44 neue Fälle. Das Ansteckungsrisiko sei derzeit sehr klein, sagte Stefan Kuster, der oberste Virenmanager des Bundes. Es sei deshalb gerechtfertigt, dass die bestehenden Schutzmassnahmen nicht verschärft würden. Damit meinte er auch eine Maskentragpflicht im öffentlichen Verkehr. Die Situation bleibe aber fragil, sagte Gesundheitsminister Alain Berset nach der Bundesratssitzung vor den Medien. Ein lokales Wiederaufflackern wie in Deutschland sei auch in der Schweiz möglich. Um rasch auf einen Wiederanstieg der Fallzahlen reagieren zu können, soll so viel getestet werden, wie es möglich und sinnvoll ist. Das Rückverfolgen von Ansteckungen (Contact-Tracing) dient dazu, Infektionsketten zu unterbrechen. Dazu sind breit angelegte Tests notwendig. Der Bund wird die Kosten für die Corona-Tests ab Donnerstag bis Ende 2021 übernehmen. Er beantragt dazu dem Parlament einen Zusatzkredit von 290 Millionen Franken. Niemand solle aus finanziellen Gründen auf einen Test verzichten, sagte Berset. 169 Franken pro Test Bis jetzt kommen die Krankenkassen oder die Kantone für die Tests auf. Dies führt dazu, dass nicht alle Patienten gleich behandelt werden. Wenn die Kasse bezahlt, muss die Testperson Franchise und Selbstbehalt übernehmen. Der Bund vergütet die Tests mit einer Pauschale von 169 Franken. Darin eingeschlossen ist die ärztliche Konsultation. Für serologische Tests zum Nachweis von Antikörpern zahlt der Bund 113 Franken. Das BAG empfiehlt diese vorderhand aber nicht, weil für deren Interpretation zu wenig wissenschaftliche Daten vorliegen. «Lassen Sie sich testen», sagte Berset. Bereits bei leichten Symptomen sei dies angezeigt. Die maximalen Kapazitäten liegen inzwischen bei 15 000 Tests pro Tag. Bei Bedarf können sie erweitert werden. Der Start der SwissCovid-App am Donnerstag dürfte zu steigenden Testaktivitäten führen. Wer sich während 15 Minuten in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten hat, wird eine Warnmeldung erhalten – vorausgesetzt, beide haben die App installiert. Verkürzt werden soll laut Berset auch die Wartezeit von bis zu 48 Stunden bis zum Vorliegen eines Testresultats. Kein Verständnis für die Klagen der Spitäler Das Virus hat im Gesundheitswesen viele Finanzierungsfragen aufgeworfen. Mit den Testkosten ist eine nun geklärt. Eine andere – grössere – bleibt offen: Wer löst die finanziellen Probleme der Spitäler? Sie beklagen Ertragsausfälle und Mehrkosten im Bereich von Hunderten Millionen Franken. Auf Geheiss des Bundesrats durften sie während gut eines Monats keine Wahleingriffe vornehmen, um die Kapazitäten für Covid-19-Patienten freizuhalten. Hinzu kommen zusätzliche Ausgaben, etwa zum Ausbau der Plätze in der Intensivpflege. Dafür soll der Bund bezahlen – das sehen auch die Kantone so, die vielfach selber Eigentümer der Spitäler sind. Doch der Bundesrat hat die Türe am Mittwoch unsanft zugeschlagen. Man sehe keine Möglichkeit, den Spitälern zu helfen. Gesundheitsminister Berset liess keinen Zweifel daran, dass er sehr wenig Verständnis für die Klagen hat. Die Spitäler könnten die abgesagten Wahleingriffe nachholen, argumentierte Berset. Er erinnerte daran, dass sie seit dem 27. April wieder frei arbeiten könnten. Bundesrat Berset ortet «unnötige Eingriffe» Dann drehte Berset den Spiess um. Seine pointierte Argumentation: Wenn die Spitäler einen Teil dieser Behandlungen gar nicht nachholen, dann seien dies offenbar «unnötige Eingriffe» gewesen, wie sie leider vorkämen. In diesem Fall, so Berset, sei es eine «gute Nachricht», dass sie hätten abgesagt werden müssen. Damit seien unnötige Risiken vermieden worden. Den Spitälern ist damit nicht geholfen. Sie müssen nun hoffen, dass weitere Kantone dem Beispiel von Bern und Zürich folgen, die bereits beschlossen haben, ganz oder teilweise für die Einbussen ihrer Spitäler aufzukommen. Zudem laufen Gespräche mit den Krankenkassen, damit diese für die Behandlung von Covid-19-Patienten mehr bezahlen.